Nur Hamburg und Bochum stärker in der Altersklasse U20

OSNABRÜCK. Bei der Deutschen Vereinsmeisterschaft der Altersklasse U20 sicherte sich mit dem SK Bebenhausen eine der jüngsten Mannschaften des Turniers durch einen starken Schlußspurt noch die Bronzemedaille. Nach der dramatischen 2,5:3,5-Niederlage gegen die SG Bochum 31 in der 5. Runde stand weniger als eine Stunde später mit der SG Solingen bereits der nächste Hochkaräter für die Goldersbachtäler auf dem Programm. Da Philipp Kaulich und sein Solinger Gegner Philipp Kelbling zuvor fünfeinhalb Stunden spielten, wurde nur für diese beiden Spieler und ihre nächsten Gegner extra die Mittagspause verlängert. Gegen den Nachwuchs des Erstliga-Spitzenvereins SG Solingen begann der Mannschaftskampf also zunächst nur an 5 Brettern, er sollte an Dramatik nicht zu überbieten sein. Zunächst schaffte Bebenhausens Jüngster, Xianliang Xu, an Brett 5 in einem schlechteren Turmendspiel ein Remis.

Da Philipp Kaulich (3) frühzeitig perspektivlos und Danijel Gibicar (4) sogar aussichtslos kurz vor dem Matt stand, schienen den Goldersbachtälern die Felle frühzeitig davonzuschwimmen. Hoffnung keimte auf, als Pablo Bonenberger (6) sein Endspiel plötzlich hätte gewinnen können. Anspannung machte sich breit, als der bisher sehr überzeugend spielende Pfrondorfer diese Chance nicht nutzte und sich stattdessen mit einem fast ausgeglichenen Endspiel rumschlagen musste. Während der Turniersaal schon fast leer war, tobte bei Solingen gegen Bebenhausen der Kampf noch an 5 Brettern. Als Ulrich Zimmermann, wie schon am Morgen gegen Bochum, seinen Gegner am Spitzenbrett in vorteilhafter Stellung ins Remis entgleiten ließ, wurde die Lage immer prekärer. Die größte Hoffnung der Bebenhäuser ruhte auf Georg Brauns Schultern, der erneut eine sehr überzeugende Partie spielte.

Zum Glück unterlief Bonenbergers Gegner ein schwerer Fehler, so dass der Kepler-Gymnasiast das remisliche Endspiel doch noch gewinnen konnte. Während Kaulich immer noch trostlos stand, keimte bei Gibicar, der mit Glück und Nervenstärke üerlebt hatte, so langsam Hoffnung auf. Die größten Hoffnungen lagen immer noch bei Braun (2), doch dessen Gegner Marcel Kyas spielte das Endspiel sensationell stark. Inzwischen hatte sich der kampfstarke Gibicar völlig befreit. Mehrere wechselseitige Remisangebote, die immer abgelehnt wurden, gaben dieser Partie eine enorme Dramatik. Obwohl Gibicar in horrender Zeitnot war, entschied Teamchef Rudolf Bräuning, dass mit den Remisangeboten nun Schluss sein müsse und der Sindelfinger kompromisslos auf Gewinn zu spielen habe. Eine Entscheidung, über die Gibicar, Bräuning und die gesamte Mannschaft am Ende sehr froh sein sollten. Denn bei Braun verschlechterte sich die Lage Zug um Zug und nach 5 Stunden musste der Riedericher seinem Gegner zu einem Sieg in einer beidseitig großartig geführten Partie gratulieren.

Beim Stand von 2:2 und krimineller Zeitnot von allen vier verbleibenden Spielern war Hochspannung angesagt. Riesige Zuschauertrauben säumten die Bretter von Gibicar und Kaulich. Der erneut heroisch kämpfende Kaulich hatte sich in der Zwischenzeit realistische Remischancen erarbeitet. Gibicar ließ sich von nichts beeindrucken, war voll auf Sieg eingestellt, während sein Gegner regelrecht zusammenbrach. Gibicars Sieg beflügelte nochmals Kaulichs Kampfgeist. Doch nach fünfeinhalb Stunden Spielzeit konnte der Wankheimer seine Stellung nicht mehr halten. Nach insgesammt 11 Stunden Spielzeit an diesem Tag und zwei bitteren Niederlagen war der württembergische U16-Einzelmeister 2011 auch körperlich am Ende.

Der spannendste Tag in der Bebenhäuser Vereinsgeschichte ging mit der Vorbereitung auf den nächsten Gegner für die Schlussrunde zu Ende. Die knappe Niederlage gegen Bochum und das an Dramatik nicht mehr zu überbietende 3:3 gegen Solingen nagten auch an der Moral der Mannschaft. Da zudem drohte, dass sich die SG Bochum 31 und der SC Königsspringer Hamburg mit einem 3:3 die Silber- und Bronzemedaille sicherten, machte sich schon etwas Ernüchterung breit. Und am nächsten Morgen wartete mit der SG Porz der Deutsche Rekordmeister. Nur mit einem 5,5:0,5- oder 6:0-Sieg konnten sich die Goldersbachtäler den 3. Platz aus eigener Kraft sichern. Aber daran glaubten die abgekämpften Schachkoryphäen nicht mehr.

Nach einer wenig professionellen Vorbereitung konnte der baden-württembergische U20-Mannschaftsmeister feststellen, dass sich die Kölner in einem noch schlechteren Zustand befanden. Die gegen einen so großen Namen wie die SG Porz hochmotivierten Bebenhäuser spielten sich wie schon gegen Forchheim in einen wahren Spielrausch. Einzig Braun stand zwischenzeitlich sehr kritisch. Doch die Goldersbachtäler sammelten die Punkte wie reife Früchte ein. Bonenberger und Zimmermann besorgten bald die 2:0-Führung. Xu erhöhte gegen seinen neuen Verein (siehe nebenstehenden Artikel) mit einiger Mühe im Endspiel auf 3:0. Gibicar und Kaulich bauten die Führung souverän auf 5:0 aus. Da wollte Braun nicht mehr nachstehen und führte sein Endspiel zum historischen 6:0-Sieg.

Erfolgreichster Bebenhäuser Punktesammler war überraschenderweise Pablo Bonenberger an Brett 6. Hatten sich die Schönbucher vor dem Turnier noch große Sorgen gemacht, wie der Pfrondorfer die einjährige Trainings- und Wettkampfpause wegen seines Südafrika-Aufenthaltes wegstecken würde, zeigte der Kepler-Gymnasiast sein ganzes Können und strahle von Runde zu Runde mehr Sicherheit aus. 5,5 Punkte aus 7 Partien hielt niemand für möglich und auch ein Hamburger Betreuer zog den Hut und sprach voller Hochachtung seinen „Glückwunsch zum astreinen Turnier“ aus.

Sehr stark spielte Georg Braun, der an Brett 2 5 Punkte aus 7 Partien holte. Eigentlich wollten die Goldersbachtäler vorne nur mithalten und auf ihre Stärke an den mittleren Brettern bauen. Aber Braun, auf dessen Entwicklung nach dem Abitur man sehr gespannt sein darf, war eine sichere Bank. Ebenfalls 5 Punkte erzielte Danijel Gibicar an Brett 4. Nach drei Anfangsremisen kam der Sindelfinger auf den Geschmack und spielte seine enorme Kampfkraft aus. Sein Sieg gegen Solingen war Gold wert. 4,5 Punkte holte der eher verhalten spielende Xianliang Xu an Brett 5. Der nahende Abschied schien auf die Spielstärke des Jüngsten zu drücken. Vollmotiviert war Xu bei seinem Sieg gegen seinen alten Rivalen Dominik Nöttling vom SC Forchheim und in der Partie gegen seinen neuen Verein SG Porz. Am Spitzenbrett erzielte Ulrich Zimmermann mit 4 aus 7 ebenfalls ein ganz starkes Ergebnis. Übermotiviertheit und zu schnelles Spielen verhinderten ein noch besseres Ergebnis des hoch veranlagten Unterheutalers. Eindeutig der Pechvogel des Bebenhäuser Teams war Philipp Kaulich mit den nervenaufreibenden Niederlagen gegen Bochum und Solingen. 3 aus 7 an Brett 3 stellen zwar keinen Beinbruch dar, sind für das enorme Potential des Wankheimers aber doch zu wenig.

Trotzdem war Kaulich, der mit 16 Jahren schon Jugendleiter in seinem Verein ist, stolz auf seine Jungs: „Darauf, dass wir als Dorfverein gegen so große Namen wie Hamburg, Forchheim, Bochum, Solingen und Porz spielen durften, können wir stolz sein. Die 6:0-Siege gegen Forchheim und Porz nimmt uns keiner mehr. Davon können wir noch unseren Urenkeln erzählen.“

Souveräner Deutscher Meister wurde der Hamburger SK, der sich in der Schlussrunde sogar den Luxus leistete, auf das erkrankte Spitzenbrett Großmeister Niclas Huschenbeth zu verzichten und auch zu fünft locker gewann. Zweiter wurde die SG Bochum 31, die gegen den SC Königsspringer Hamburg mit 5:1 gewann. Stolzer Dritter wurde der Schachklub Bebenhausen 1992.

Der Baden-Württembergische Vizemeister Heilbronner SV war nur an vorletzter Stelle der Rangliste gesetzt. Trotzdem gelang den Unterländern ein hervorragendes Turnier. In Runde 6 durften sie sogar am Spitzentisch gegen den Hamburger SK antreten. Auf Platz 12 darf die junge Mannschaft um Teamchef Saygun Sezgin sehr stolz sein.

Sehr souverän gewann der SV Wolfbusch 1956 den Deutschen Meistertitel in der Altersklasse U20w. Dabei schafften die Stuttgarterinnen nach 2009 und 2010 einen Hattrick. Die Mädels um Teamchef Alexander Häcker und Trainer Dirk Maxion beherrschten die Konkurrenz auch mit wenig Schlaf und siegten mit 14:0 Mannschaftspunkten.

Im nächsten Jahr wird der Verlust von Xianliang Xu durch Philipp Wenninger kompensiert. Trotzdem dürfte auch 2012 der Hamburger SK haushoher Favorit sein. Die Hansestädter können noch ein Jahr mit exakt derselben Mannschaft antreten. Die Schönbucher, die eines der jüngsten Teams des gesamten Turniers stellten, können freilich noch drei Jahre um die Medaillen mitspielen. Hoffnung macht zudem, dass die Schönbucher das mit Abstand vorbereitungsfleißigste Team stellten. Trainer Rudolf Bräuning hatte Mühe, alle Trainings- und Vorbereitungswünsche zu erfüllen. Wiederum Kaulich zu Bräuning während der Vorbereitung zu nachmitternächtlicher Stunde: „Rudi, Du wirst alt“.

Die Endtabelle der Deutschen Vereinsmeisterschaft der Altersklasse U20: