Schach // Braun verpasst erneut Internationale Meister-Norm
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Bebenhausens Spitzenspieler mit großem Kämpferherz bei den Württembergischen
ILLERTISSEN-TIEFENBACH. Bei der diesjährigen Württembergischen Meisterschaft zeigte Bebenhausens Spitzenspieler Dr. Georg Braun großen Kampfgeist, verzockte aber auch mehrere Partien und verpasste mit 5.5 Punkten aus 9 Partien erneut eine erhoffte Norm für den Titel Internationaler Meister. Das Rundenturnier mit Einladungsspielern aus dem Ausland wurde vom amerikanischen Großmeister Bryan Smith mit 6.5 aus 9 gewonnen. Den zweiten Platz belegte der Heilbronner Spitzenspieler Enis Zuferi mit 6 aus 9.
Dabei startete das Turnier für Braun vielversprechend. In der 1. Runde konnte er mit Schwarz trotz Problemen in der Eröffnung den ehemaligen württembergischen Meister Jens Hirneise in einer hochklassigen Partie bezwingen. Im Mittelspiel eroberte Braun mit seinen Türmen am Damenflügel die zweite Reihe. Gerade noch rechtzeitig, um einem Mattangriff am Königsflügel zuvorzukommen.
Übermotiviert durch diesen Erfolg, spielte Braun in der 2. Runde aber viel zu sorglos. Gegen Patrick Seitz, der wie Hirneise für den SC Böblingen 1975 spielt, wollte Braun nach wechselhaftem Partieverlauf nicht einsehen, dass er ein ausgeglichenes Damenendspiel nicht gewinnen konnte. Braun verzockte sich dann komplett und musste eine schmerzhafte Niederlage einstecken.
Somit galt in den folgenden Runden für Braun, erstmals Schadensbegrenzung zu betreiben. In Runde 3 ging es gegen den nominell schwächsten Gegner im Feld, Kevin Narr vom Schachverein Stockenhausen-Frommern. Hier gelang es Braun, seinen Gegner im Endspiel zu überspielen, aber wegen der zähen Verteidigung seines Gegners musste er sich über 60 Züge mühen, ehe ein knapp erkämpfter Sieg feststand.
Vergleichsweise deutlich war Brauns Sieg gegen den Polen Ryszard Cwiek in der 4. Runde. Hier gelang es Braun, ein Bauernzentrum von der c- bis zur g-Linie aufzubauen und abschließend die Stellung zu öffnen, um einen entscheidenden Königsangriff zu starten.
In Runde 5 spielte Braun gegen Großmeister Eduardas Rozentalis, der über viele Jahre der stärkste Schachspieler Litauens war. Nach der Eröffnung ergab sich eine unausgewogene Stellung, in der Braun aber patzte und einen Spieß zuließ, der eine Qualität kostete. Für die Zuschauer schien es aber so, als hätte der Goldersbachtäler aufgrund seines Läuferpaars trotzdem noch sehr gute praktische Chancen. Aber Rozentalis spielte hervorragend weiter und verwertete seinen Materialvorteil souverän, was für Braun bereits die zweite Niederlage bedeutete.
In der 6. Runde traf Braun auf Neil Albrecht vom SK Sontheim/Brenz, der vor kurzem Deutscher Meister in der Altersklasse U14 wurde, aber in diesem Turnier noch Lehrgeld zahlen musste. In der Eröffnung überspielte Braun das Nachwuchstalent positionell und landete dann in einem vorteilhaften Turmendspiel, das er nach beiderseitigen Fehlern schließlich gewann.
Umso entscheidender war nun die 7. Runde, in der Braun gegen den französischen Großmeister Andrei Sokolov antrat, welcher im Jahr 1987 hinter Kasparow und Karpov der drittbeste Spieler der Welt war, sich aber nicht lange in der Weltspitze behaupten konnte. Braun nahm sich vor, mit Schwarz auf den ganzen Punkt zu spielen und wählte die sizilianische Verteidigung. In einer eher ruhigen Stellung ließ Sokolov sein ganzes Können aufblitzen und fand ein überraschendes Figurenopfer. Braun beging den Fehler, sich auf dieses einzulassen und musste bereits nach 27 Zügen das Handtuch werfen. Damit waren alle Hoffnungen auf eine Internationale Meister-Norm in diesem Turnier erloschen.
Aber obwohl er selbst nicht mehr um eine Norm oder den Turniersieg mitspielen konnte, waren die zwei verbleibenden Partien von Braun für den Ausgang des Turniers noch höchst relevant. In Runde 8 traf er nämlich auf Zuferi, der bereits 5,5 Punkte erzielt hatte und für seine letzte Meister-Norm nur noch einen Punkt aus seinen letzten zwei Partien benötigte. Umso überraschender war es, dass Zuferi in dieser Turniersituation die sehr zweischneidige Najdorf-Variante wählte. Tatsächlich erreichte Zuferi aus der Eröffnung heraus die bessere Stellung, aber diese blieb kompliziert. Mit Beginn der Zeitnotphase verlor der Heilbronner die Nerven und ließ einen vernichtenden Königsangriff zu. Weil Zuferi in der Schlussrunde gegen Hirneise nicht über ein Remis hinauskam, verpasste er schließlich seine Meister-Norm.
In der Schlussrunde spielte Braun gegen Bryan Smith, den ersten und bisher einzigen Schachgroßmeister aus Alaska, der inzwischen in Augsburg lebt. Weil für den Amerikaner ein Remis den Turniersieg bedeutete, wählte er mit Weiß eine ruhigere Eröffnungsvariante. Während Braun mit den schwarzen Steinen mühelos ausglich, gelang es ihm aber nicht, Gewinnchancen zu kreieren, sodass die Partie farblos im Remis endete.
Obwohl Braun recht deutlich die angestrebte Internationale Meister-Norm verpasste, kann er auch auf mehrere hart erkämpfte Sieg stolz sein. Einen großen Anteil an den Niederlagen gegen Seitz und Sokolov hatte Brauns mentale Einstellung, der in diesen zwei Partien viel zu verbissen auf Sieg spielte.
Im parallel zum Meisterturnier stattfindenden Kandidatenturnier trat vom Schachklub Bebenhausen 1992 Lukas Kauth an. Der Goldersbachtäler blieb nach gutem Start aber mit 4,5 Punkten aus 9 Partien unter seinen Möglichkeiten. Gewonnen wurde das Kandidatenturnier vom Waiblinger Nachwuchstalent Tim Gavrin, der 6.5 aus 9 erzielte.
Alle Partien des Württembergischen Meisterturniers zum Nachspielen: „https://view.livechesscloud.com/#686883fb-58f6-4834-a942-0d95998c70ac„.
Endstand, alle Paarungen und Ergebnisse Württembergisches Meisterturnier: „https://s2.chess-results.com/tnr1208045.aspx?lan=0&art=4&SNode=S0„.
Endstand, alle Paarungen und Ergebnisse Württembergisches Kandidatenturnier: „https://s2.chess-results.com/tnr1208090.aspx?lan=0&art=4&fed=GER&turdet=YES&SNode=S0„.